Rezeß zwischen dem Abt zu Buch und dem Rat und den Bürgern von Belgern.

1519 Oktober 3; Altenburg.

Druck: Schöttgen & Kreysig № CCLXXXIX., pag. 322.

Kf. Friedrich und Hz. Johann von Sachsen schlichten einen Streit zwischen Abt und Kloster und den Bürgern von Belgern bezüglich des Vertrages von 1518 durch entsprechende Ergänzungen.

Geschehen zu Altenburg, Montag nach Sankt Michels Tag, nach Christi unseres lieben Herrn Geburt im Jahre 1519.

Schöttgen № CCLXXXIX.

Von Gottes Gnaden, Wir, Friedrich Herzog zu Sachsen, des Heiligen Römischen Reiches Erzmarschall, Kurfürst und Vikar &c. tun kund für den Hochgeborenen Fürsten, unseren lieben Bruder Herzog Johann &c. und uns gegen männiglich. Nachdem sich zwischen dem ehrwürdigen, unseren lieben Andächtigen Herrn Antonien, Abt zum Buch, an einem, und unseren lieben Getreuen, dem Rat und der Gemeinde zu Belgern, anderen Teils, sieder des Vertrages, so hierfür auf unseren Befehl der hochgelehrte unser Amtmann zu Grym, Rat und lieber Getreuer, Hanns von der Plawnitz, Ritter und Doktor, aufgerichtet, etliche Artikel irrig begeben, also haben wir auf untertäniges und demütiges Verlangen genannten Abtes beide Parteien heutigen Tages allhier nach Aldenburgk beschieden, und sie durch unsere dazu verordneten Räte angezeigter irriger Artikel halben verhören lassen, welche sie dann nachfolgender Meinung in der Güte vertragen haben.
Erstlich, als der Abt angezeigt hat, das Bernhart Frytze einen Schlüssel zu dem gemeinen Geldkasten zu Belgern gehabt, welchen der Abt von sich zu reichen an sein bewußt verboten, damit das Geld daraus unnützlich nicht entwendet, sondern gemeinem Nutz zugute anlangt. Weil aber der Rat zu Belgern von diesem Bernhart Fritzen denselben gefordert, und der sich des von sich zu reichen geweigert, und solches des Abtes Befehlshaber auf der Pfarre angesagt, hätten sie ihn des Rats-Standes entsetzt, ihn auch mit Worten geschmäht, als sollte er damit wider die Ratspflicht getan haben, des der Abt und der Mann Beschwerung getragen, ist beredet, dass derselbe Bernhart Fritz wiederum in seinen Rats-Stand soll gesetzt werden, unter der Bedingung, was sich zur Heimlichkeit des Rates gebührt und der Gemeinde der Stadt notdürftig und dienstlich sei, zu eröffnen sich enthalte, wie das seine Eidespflicht gleich den anderen der Verordneten des Rate ausweist.
Des Fronboten halben, weil jetzt ein Teil denselben vermeint aufzunehmen, und auch wiederum nach Gefallen zu beurlauben, ist beredet, dass sie es von beiden Teilen mit dem jetzigen Fronboten eine zeitlang versuchen sollen, des vorsehens, werde sich, was er einem jeglichen Teil zu tun verpflichtet ist, gebührlich und gehorsamlich erzeigen. Würde es aber von ihm übergangen, so soll er seines Dienstes enturlaubt werden, und beide Teile zugleich der Abt und auch der Rat zu Belgern, einen anderen aufnehmen, der einem jeden zu seiner Gerechtigkeit und Diensten gebührliche Pflicht tun soll. So aber an demselbigen auch Mangel befunden, welches Teils alsdann begehrt, den Fron zu enturlauben, dass der andere darein auch verwillige, und einen anderen Fron sämtlich, wie oben genannt, aufnehmen.
Es hat auch der Abt angezeigt, als sollte der Rat zu Belgern einen Bürger daselbst einen Zaun, welchen er um der Befriedung seiner Güter willen gemacht, niedergerissen, dem Mann zum Nachteil und dem Abt zugegen. Darauf die von Belgern geantwortet, dass derselbe Mann einen gemeinen Weg verzäunt, darum es ihnen zu dulden nicht leidlich gewesen &c. Es ist abgeredet, dass solches also in Zukunft des Abts gegen Belgern, die Gebrechen zu besichtigen bestehen soll. Und wenn befunden würde, das der Weg der Gemeinde nützlich sei, soll er unverzäunt dem gemeinen Nutz zugute, zu gebrauchen verstattet werden.
Der Abt hat auch vorgetragen, als sollten die von Belgern einer Frau ihren Mantel im Donner, wo ihm das Gericht zusteht, mit Gewalt vom Hals gerissen im Schein einer vermeinten Pfändung, welchen Mantel sie auch also eine zeitlang unter sich behalten, und haben nicht zugericht, gewannt, noch auszuborgen geben wollen, des er Beschwerung getragen, was aber die von Belgern dermaßen geschehen nicht geständig, sondern geständig, sie hätten die Frau an dem Ort gepfändet, da sie zu hüten nicht befugt ist &c. Es ist abgeredet, dass der Frau diesmal das Pfand wieder gegeben werden soll, und nochmals ein Verbot gelegt, ohne Willen des Rates niemand dahin zu treiben. Wenn es aber vorfiele, dass die oder andere dahin treiben und gepfändet würden, sollen die Pfänder von Stund an den oder anderen Orten geschehen, an das Gericht gebracht werden und unter sich nicht behalten, der Pfändung auch, wie es sich gebührt, gebührliche Folge tun, damit sich kein Teil deshalb fürder beschwert werden zu beklagen habe. Der Abt hat auch angezeigt, dass sein Befehlshaber zu Belgern einen Bürger in Gehorsam gefordert, den der Rat unbilligerweise abgenommen hat, des er beschwert. Dagegen die von Belgern vorgetragen, dass ihr Bürger durch des Abtes Hauptmann um Geldschuld in Gehorsam getrieben, welches doch billig, weil er genügend besessen, nachgeblieben sein sollte &c. Es ist abgeredet, dass es zu diesem Male dabei bleiben sollte, und sich die von Belgern hinfort enthalten, derhalb keinen fürder aus Gehorsam abzunehmen. Würde aber jemand, so er Gehorsam leistet, Güter, Pfand, Geld oder Bürgen bitten und einsetzen, sich des Gehorsams damit zu entledigen, dass er alsdann dazu wie billig, gelassen werde.
Enders Sittich und die anderen, so dem Abt in diesem Widerwillen anhängig gewesen, belangend, welche nach Anzeige des Abts von der Gemeinde und gemeinen Händeln, ihm zu sonderlichen Verdruß und den Leuten zur Verkleinung und Nachteil, ausgeschlossen sein sollen, damit sie ihm dieselbigen auch Widerwärtigkeit zu machen unterstehen wollten. Dessen sind die von Belgern ganz nicht geständig, sondern haben vermeldet, dass sie dieselbigen von der Gemeinde und gemeinen Händeln nie ausgeschlossen, noch ausschließen, sondern sie dabei gelassen. Deshalb es ihnen mit Unbilligkeit von denselben Männern aufgelegt. Es ist beredet, weil die von Belgern des Erbitten sein, dass es nochmals dabei bleiben soll, und sie gleich anderen Mitbürgern, die zur Gemeinde gehören, gehalten werden, und sie der Gemeinde gebrauchen lassen, doch also, dass sie auch zu der Gemeinde, was ihnen aus Billigkeit, wie anderen zu tun gebührt, willig tun. Würde aber jemand dieselben verschmähen, oder an ihrer Ehre zu verletzen sich unterstehen, gegen den oder denselben mögen sie ordentliches Recht vor dem Stadtgericht zu Belgern gebrauchen, das man ihnen auch schleunig ergehen lassen und gestatten soll.
Desgleichen so jemand, es sei die Gemeinde oder eine besondere Person zu denselben Männern, als Endres Sittich und seinen Mitverwandten zu sprechen hätten oder zu haben vermeinten, soll ihnen solches zu Belgern vor Gericht, auch ohne Weigerung gestattet werden. Es mögen sich auch die Schöppen daselbst, wenn sie des Rechtes in diesen und anderen Sachen nicht genugsam erfahren, an gebührenden Stellen, doch auf der Parteien Unkost und Darlegung erlernen, damit verhütet werde, soviel als möglich, niemand zu beschweren. Was auch jeglichem Teil also in Recht zuerkannt, dass ihm darüber gebührliche Hilfe erfolge. Würde sich aber jemand durch Urteil oder sonst beschwert bedünken, mag er davon gebührlicher Weise, wie von alters Herkommen, sich wohl berufen. Ob auch Sachen in Güte vertragen würden, soll solcher Vertrag den Gerichten keinen Nachteil oder Schaden geberen.
Nachdem es auch hiervor gewesen, dass der Abt zum Buch die Bürger zu Belgern um ihrer Verursachung willen gegen Buch ins Kloster zu Gehorsam gefordert, des die von Belgern sich beschwert befunden, nachdem der Weg etwas weit, und sie dadurch in großen Schaden, Unkost und Versäumnis geführt. Ist gemacht, dass der Abt dieselbigen Bürger von Belgern, wo er dessen Ursache hat, auf das Rathaus daselbst, und nicht gegen Buch in Gehorsam fordere. Es wäre denn merkliche Übertretung und Ursache vorhanden.
Als auch hiervor durch mutwillige leichtfertige Personen ein Schandlied aufgerichtet, darin der Abt, Frauen und Jungfrauen, auch andere Personen, schmählich verleumdet werden, dass dann an vielen Enden zu Belgern, auch oftmals dem Abt zuentgegen und zuwider soll gesungen worden sein, des wir ganz kein Gefallen. Deshalb begehren wir hiermit im Ernst, und wollen, dass die von Belgern in ihrer Stadt verbieten sollen, solches Schandlied hinfürder nicht zu singen. Welcher oder welche Person aber, es sein Frau oder Mann, Einwohner oder Fremder, dieses Schandlied singen würden, und er oder die solches überkommen, sollen dem Abt ein gutes Schock zur Buße verfallen sein. Würde es auch in eines Bürgers Haus gesungen, und der Wirt des Hauses solches anhören, soll er es zu tun nicht gestatten. So es aber hierüber nicht gelassen, dem Richter solches verkünden, damit die Personen ihre gebührliche Strafe, wie angezeigt, dafür empfangen. Wäre es aber Sache, dass es der Wirt anhören würde, und solches nicht verwehren, auch dem Richter nicht verkünden, mit Vermeldung der Person, die es gesungen, so soll derselbige Wirt auch in die Buße eines guten Schocks dem Abt verfallen sein. Und welcher die Buße an Geld oder Gütern nicht zu entrichten oder zu verbürgen weiß, der soll an seinem Leib dieser Übertretung halber gestraft werden.
Der Abt hat auch angezeigt, wie dass ein Bürger zu Belgern, Matthes koller genannt, in seinem Haus überfallen worden sei, welcher den Richter um Hilfe ersucht, der Richter auch den anderen geschrien, dem Gericht beiständig zu sein. Es hat aber niemand folgen wollen, des er sich fast beschwert bedaucht, und seinen Gerichten dadurch Verachtung geschähe. Es ist beredet, dass ein jeglicher, bei seiner getanen Pflicht, auf Anrufen des Richters, Fronen oder Wirts, in dessen Haus sich der Auflauf begibt, zur Erhaltung guten Friedens zulaufen und folgen sollen, damit soviel als möglich, Aufruhr zu erwecken vorkommen, und Schaden verhütet werde. Endres Sittichs und Mattes thilmans Rechnung halben soll die nochmals, laut vorigen Vertrages, durch oben bestimmten unseren Amtmann zu Grim aufgerichtet, gehört werden.
Ob sich auch die von Belgern etwa Ungehorsams gegen den Abt erzeigt hätten, hat genannter Abt uns solches zu untertänigem Gefallen nachgelassen, in Zuversicht, die von Belgern würden sich hinfort gegen ihn gehorsam und der Billigkeit nach halten. So aber solches von denen von Belgern nicht geschähe, soll alsdann dem Abt dagegen gebührliche Strafe wider die von Belgern vorzunehmen vorbehalten sein.
Ob sich auch die von Belgern in vergangenen Handlungen gegen ihren Herrn den Abt mit Ungehorsam oder sonst widerwärtig erzeigt hätten, solches hat genannter Abt auf vorgewandte Handlung uns zu untertänigem Gefallen nachgelassen und bewilligt, sie derhalb weiter nicht anzulangen.
Und sollen hiermit aller Irrtum und Gebrechen, so sich uns anher zwischen den Parteien und den ihren begeben, und verlaufen, laut dieses Schiedes und sonst gänzlich gerichtet und vertragen sein und bleiben, also dass sie die von Belgern gegen den Abt, als ihrem Erbherren, in allen gebührlichen billigen Sachen gehorsam und gutwillig halten und erzeigen sollen. Dagegen soll der Abt die von Belgern bei ihrem alten Herkommen, Gebrauch, Übung und Gerechtigkeit, wie sie die vor alters redlich hergebracht, ungehindert und ungeirrt bleiben lassen. Würden sich aber die von Belgern zu Ungehorsam unbilliger Weise dem Abt widersetzig machen, will ihnen der Abt darum, als ihr Erbherr, was er füge und Recht hat, gebührliche rechtliche Strafe vorbehalten haben. Alles treulich und ohne Gefahr. Zur Urkunde haben wir diesen Rezess gleichen Lautes zweifach, und jedem Teil einen mit unseren hieran gehangenen Siegel wissentlich besiegelt geben lassen.
Gescheen zu Aldenburg, Montag nach sanct Michels tagk, Nach christi unsers lieben hern geburt im Jahre 1519.