Das Kapitel und die Beichte (cap.70)

Übersicht 70. Kapitel 71. Lesung 72. Betreten der Räume 73. Mixtum 74. Verhalten 75. Arbeit 76. Mahlzeit 77. Tischdiener 84. Ernte 102. Novizen
  1. Nach der Matutinalmesse läutet der Sakristan die Glocke, um die Brüder im Kapitel zusammenzurufen, und hört erst auf, wenn der Segen gegeben wurde.
  2. Wenn aber die Brüder das Zeichen hören, kommen sie im Kapitel zusammen und verneigen sich vor ihren Plätzen.
  3. Wenn sie sitzen, verneigen sie sich voreinander.
  4. Wenn der Abt oder jemand anderes, der das Kapitel hält, eintritt, erheben sich alle, verneigen sich aber nur, wenn der Abt vorbeigeht. Wenn er sich setzt, setzen sie sich auch.
  5. Wer neben dem Abt sitzt, verneigt sich an seinem Platz tief vor dem Abt, allerdings ohne auf die Knie niederzusinken, noch super articulos dann setzt er sich wieder. Und so macht es an allen Orten jeder, der neben (dem Abt) sitzen will, außer in der Kirche.
  6. Denn (in der Kirche) verneigen sich die Brüder nicht voreinander, ebenso nicht bei Tisch und während der Nacht.
  7. Wenn der Lektor zum Lesepult kommt, öffnet er das Buch und verneigt sich zum Segen.
  8. Nach der ersten Lesung singt er nicht TU AUTEM DOMINE,
  9. sondern wenn er ET ALIORUM PLURIMORUM SANCTORUM beendet hat, erheben sich die Brüder, wenden sich nach Osten und singen den Vers ,
    der im Kollektaneum steht, nämlich PRECIOSA IN CONSPECTU DOMINI, den der Priester, der Hebdomadar ist, anstimmt.
  10. Beim GLORIA PATRI verbeugen sie sich, gegen die oberen Sitze gestützt, oder knien nieder, entsprechend der Zeit, und singen gemeinsam KYRIELEISON.
  11. Diejenigen, die auf beiden Seiten in der Nähe des Eingangs sitzen, werfen sich in Richtung Osten auf die Erde nieder.
  12. Wenn sie sich verneigen, machen sie es wie jene, die in der Nähe des Abtssitzes sind.
  13. Die Übrigen verneigen sich zueinander hin.
  14. Wenn der Priester ET NE NOS INDUCAS singt, richten sie sich auf, bis der Priester DIRIGERE ET SANCTIFICARE singt, dann verneigen sie sich.
  15. Diese Verneigung wird zu allen Zeiten in gleicher Weise gemacht.
  16. Der Lektor verneigt oder kniet sich so vor dem Lesepult wie jene, die in der Nähe des Eingangs des Kapitelsaals sind.
  17. Nach QUI FECIT CELUM ET TERRAM setzen sie sich so, dass jener, der das Kapitel hält, als Erster sitzt.
  18. Wenn sie sich setzen, verneigen sie sich nicht wie anfangs voreinander.
  19. Wenn alle sitzen, beginnt der Lektor die Regellesung.
  20. Danach singt er TU AUTEM DOMINE.
  21. Er nimmt die Tafel entgegen und liest die Liste vor, wenn sie an diesem Tag vorzulesen ist.
  22. Wenn der Subprior das Kapitel hält und der Lektor älter ist als er, nennt er ihn Bruder, wenn er ihn zu nennen hat. Wer seinen Namen hört, verneigt sich.
  23. Wer irgendeinen Wochendienst zugeteilt bekommt und sieht, dass er aus irgendeinem Grund daran gehindert ist, ihn auszuführen, kann dann in diesem Kapitel um Dispens bitten, nicht aber außerhalb (des Kapitels).
  24. Wenn er jedoch durch eine schwerwiegende Notwendigkeit verhindert ist, vollzieht er im folgenden Kapitel eine venia und nennt diese Notwendigkeit.
  25. Wenn die Tafel verlesen wurde, wird das Gedächtnis der Brüder auf diese Weise verkündet: COMMEMORATIO OMNIUM FRATRUM ET FAMILIARIUM DEFUNCTORUM ORDINIS NOSTRI.
  26. Wer das Kapitel hält, spricht danach REQUIESCANT IN PACE.
  27. Nach dem AMEN verneigt sich der Lektor und reicht dem Abt das Buch.
  28. Der Abt nimmt es entgegen und legt es aus, oder er gibt ein Zeichen, dass es zu jemand anderem gebracht wird.
  29. Der Lektor zeigt ihm den Abschnitt, den er auslegen soll, und kehrt an seinen Platz zurück.
  30. Wenn er dort ankommt, verneigt er sich nicht vor seinem Platz,
  31. sondern wenn er sich gesetzt hat, verneigt er sich, wie es die Übrigen gemacht haben, als sie sich anfangs setzten.
  32. Wenn er von der linken auf die rechte oder von der rechten auf die linke Seite hinübergehen muss, um zu seinem Platz zu kommen, verneigt er sich vor dem Lesepult nach Osten.
  33. Nachdem derjenige, der das Kapitel hält, BENEDICITE gesagt hat, erklärt er den Abschnitt, auch am Karfreitag.
  34. Wenn jemand kommt, bevor BENEDICITE gesagt wurde, verneigt er sich vor seinem Platz,
  35. und wenn er sich gesetzt hat, verneigt er sich, wie er es gemacht hätte, wenn er zu Beginn anwesend gewesen wäre.
  36. Wenn er aber (erst) nachher kommt, verneigt er sich beim Niedersetzen, wobei er mit leiser Stimme BENEDICITE sagt, so dass diejenigen, die in seiner Nähe sitzen, DOMINUS antworten können.
  37. Nach der Auslegung des Abschnitts nehme sich keiner heraus, etwas zu sagen, noch eine venia zu vollziehen, bis derjenige, der das Kapitel hält, sagt LOQUAMUR DE ORDINE NOSTRO.
  38. Wenn die Absolution eines Verstorbenen zu halten ist, wird sie auf den Hinweis des Kantors hin gehalten.
  39. Wenn danach des letzten Tags des tricenariums zu gedenken ist, erinnere der Kantor daran.
  40. Wenn eine Todesnachricht vorzulesen ist, wird sie vom Kantor vorgelesen, und zwar auf Befehl dessen, der das Kapitel hält.
  41. Wenn dies geschehen ist, spricht der Abt REQUIESCAT IN PACE.
  42. Wenn alle AMEN gesprochen haben, bestimmt er für die Seele desjenigen (dessen man gedacht hat), was er für richtig hält.
  43. Wer in einer Sache schuldig geworden ist, vollzieht anschließend eine venia.
  44. Danach werden die Anklagen gehalten, wenn welche zu halten sind.
  45. Wer anklagt, mache keine Umschweifen bei seiner Anklage, sondern sage offen, was jener (Bruder) getan hat.
  46. Wer angeklagt wird, vollzieht sofort an seinem Platz eine venia, wenn er seinen Namen hört, ohne zu antworten.
  47. Wenn derjenige, der das Kapitel hält, ihn fragt: ›Was habt ihr zu sagen‹, antwortet er auf dem Boden ausgestreckt ›Es ist meine Schuld‹. Auf seinen Befehl hin erhebt er sich, und wenn er schuldig ist, bekennt er demütig seine Schuld und verspricht im Übrigen Besserung.
  48. Wenn er sich aber nicht für schuldig hält, soll derjenige, der ihn angeklagt hat, seine Anklage nicht wiederholen, außer er wird danach gefragt.
  49. Wenn aber jemand anderes weiß, dass er schuldig ist, kann er es sagen.
  50. Und es ist darauf zu achten, dass derjenige, der angeklagt wurde, an diesem Tag keine Anklage gegen den hält, der ihn angeklagt hat.
  51. Wenn über jemand das Urteil gesprochen wird, nachdem er von einem anderen angeklagt wurde, leistet er sooft Genugtuung, wie er während dieses Urteils angeklagt wird.
  52. Während er auf der Erde liegt, spricht niemand.
  53. Wenn er sich wieder erhoben hat, wird in diesem Urteil das über ihn gesagt, was zu sagen ist, und wenn er sich wieder gesetzt hat, darf er nicht gezwungen werden, sich nochmals zu erheben, außer es ist in diesem Kapitel noch eine begründete Anklage gegen ihn vorzubringen.
  54. Wenn jemand sich aus eigenem Antrieb dem Urteilsspruch stellt, vollzieht er eine venia und bekennt alle Nachlässigkeiten, die er zu bekennen hat.
  55. Wenn ein anderer sich erhebt und ihn anklagt und er nach der Anklage etwas über sich selbst sagen will, vollzieht er von neuem eine venia.
  56. Wenn mehrere gemeinsam sich dem Urteilsspruch stellen, steht der Älteste in der Mitte und spricht zuerst.
  57. Wenn er gesprochen hat, wird er gleich bestraft und entlassen, außer wenn der Abt ihn zum Bleiben auffordert, ihn oder einen der anderen, die er entlassen hat, um ihn einer strengeren Strafe zu unterziehen, wenn er größere Schuld als die anderen trägt.
  58. Ebenso werden die Übrigen einzeln bestraft und einzeln entlassen, außer sie fallen unter eine gemeinsame Schuld und werden gemeinsam entlassen.
  59. Wenn sie entlassen sind, gehen sie durch die Reihe derer auf ihre Plätze zurück, die noch hinter ihnen stehen.
  60. Keiner wird von mehr als drei (Brüdern) angeklagt, es sei denn von dem, der das Kapitel hält, und wenn er sich nachher in diesem Kapitel etwas zu Schulden kommen lässt.
  61. Auch wird für einen Ankläger nicht mehr als eine venia vollzogen, auch wenn er mehrere Vergehen vorwirft, außer der angeklagte Bruder lässt sich in diesem Kapitel etwas zu Schulden kommen, wie vorher gesagt wurde.
  62. Keiner nehme sich heraus, in diesem Kapitel zu sprechen, außer um jemanden anzuklagen oder wenn er von einem anderen angeklagt wird oder wenn jemand etwas verloren hat. Wohl kann der Abt oder der Prior oder einer der Älteren (sprechen), wenn der Abt einverstanden ist. (Keiner spricht) außer auf Befehl oder auf eine Frage des Abtes oder wenn er eine Frage zur Ordnung zu stellen hat.
  63. Wenn jemand im Kapitel auf Befehl des Abtes eine Botschaft des Herrn Papstes verliest, erhebt sich der Konvent und verneigt sich tief.
  64. Bei einer Botschaft eines Königs, Bischofs, Abtes oder anderer hoher Persönlichkeiten verneigen sie sich tief, bleiben (aber) sitzen.
  65. Ebenso verneigen sie sich, wenn der Abt ein gemeinsames Gebet anordnet.
  66. Ebenso verneigen sich diejenigen, die er ernennt oder absetzt oder wieder in ihren Rang einordnet, auch jene, denen er eine Buße auferlegt und sie davon befreit,
  67. ebenso alle, denen er einen Auftrag erteilt.
  68. Keiner verklage einen anderen nur aufgrund eines Verdachts, sondern aufgrund dessen, was man gehört oder gesehen oder erzählen gehört hat.
  69. Wenn jemand angeklagt wurde und gemäß dem Urteilsspruch mit Schlägen bestraft wird, achte derjenige, der das Kapitel hält, darauf, dass er nicht von dem geschlagen wird, der ihn verklagt hat.
  70. Nachdem derjenige, der geschlagen werden soll, vom Abt den Befehl erhalten hat, sich zu entblößen, setzt er sich an der Stelle, wo er steht,
    zieht die Kukulle aus und legt sie vor sich auf die Knie. Er steckt die Arme durch die Halsöffnung der Tunika und (entblößt) den ganzen Körper bis zum Gürtel. So bleibt er mit gebeugtem Kopf und sagt nichts, außer ›Das ist meine Schuld, ich werde mich bessern‹, was er ständig wiederholt.
  71. In dieser Zeit spricht niemand anders, außer einer der Älteren tritt demütig für ihn ein.
  72. Derjenige, der ihn schlägt, hört erst damit auf, wenn es der Abt befiehlt.
  73. Wenn er damit aufgehört hat, hilft er jenem Bruder beim Anziehen.
  74. Wenn er sich angezogen hat und aufgestanden ist, bewegt er sich nicht, bis der Abt sagt: ›Geht und setzt euch‹.
  75. Dann verneigt er sich und geht an seinen Platz.
  76. Es ist auch darauf zu achten, dass keiner, der im Rang niedriger ist, einen Ranghöheren schlagen darf, also ein Diakon (darf) keinen Priester (schlagen), sondern ein Gleichrangiger einen Gleichrangigen oder ein Ranghöherer einen Rangniedrigeren.
  77. Auch werde darauf geachtet, dass niemand außerhalb des Kapitels zu jemandem über Vergehen spreche oder Zeichen mache, noch über geheime Angelegenheiten, die im Kapitel behandelt werden.
  78. Wenn aber ein Bischof oder ein Abt von Mönchen oder Regularklerikern oder auch der König einmal das Kapitel betritt, erheben sich alle und verneigen sich, wenn er vor ihnen vorbeigeht.
  79. Wenn er eine besondere geistige Verbundenheit wünscht, erheben sich alle, und sie werde ihm mit dem Buch der Regel gewährt.
  80. Wenn er AMEN geantwortet hat, bittet ebenso der Abt, an seinen guten Werken teilzuhaben.
  81. Nachdem er so lange (im Kapitel) blieb, wie es dem Vorsitzenden gefällt, führt ihn der Prior oder wem es der Abt befiehlt ins Gästehaus, bevor der Konvent hinausgeht, außer der Abt wünscht, dass er bis zum Ende des Kapitels bleibt.
  82. Wenn er Mönch, Kleriker oder auch Laie ist, wird ihm sitzend Gemeinschaft gewährt; ein Bruder begleitet ihn (dann) hinaus.
  83. Wenn jemand, nachdem die Brüder den Kapitelsaal betreten haben, ohne Befehl hinausgeht, sei es, weil die Nase blutet oder er sich übergeben muss oder um die Tafel zum Vorlesen herbeizutragen, muss er Genugtuung leisten.
  84. Keiner erbitte die Erlaubnis zum Hinausgehen, außer dem Koch oder jemandem, der im Gehorsam einen Auftrag auszuführen hat, oder ein natürliches Bedürfnis drängt ihn, oder dem der Abt es vorher aufgetragen hat, oder wer auf eine Reise geschickt wird.
  85. Diese erbitten bei einer solchen Notwendigkeit gewöhnlich mit einem Zeichen die Erlaubnis, wegen ihres Dienstes hinausgehen zu dürfen.
  86. Wenn behandelt wurde, was zu behandeln ist, erheben sich alle und wenden sich nach Osten, und derjenige, der das Kapitel hält, spricht ADIUTORIUM NOSTRUM IN NOMINE DOMINI.
  87. Alle antworten QUI FECIT CELUM ET TERRAM, verneigen sich nach Osten und gehen hinaus, außer jemand bleibt dort, um zu beichten oder aufgrund einer Krankheit.
  88. Sooft jemand beichtet, bleibt niemand dort zurück, außer er tut dies auch gerade selbst.
  89. DIE BEICHTE
    Denn (die Brüder) können immer zur Zeit der Lesung und auch in der Pause nach der Prim beichten, nicht aber vor dem Mittagessen.
  90. Wenn sie sich gesetzt haben, spricht der Ältere BENEDICITE.
  91. Wenn (der Beichtende) DOMINUS geantwortet hat, setzt der Ältere fort DEUS SIT NOBISCUM.
  92. Und nach der Antwort AMEN bekennt er kurz die Sünden, für die er um Vergebung bittet.
  93. Nach dem Bekenntnis schließt er gleich an DE HIS ET OMNIBUS ALIIS MEIS PECCATIS ME REUM CONFITEOR ET VENIAM DEPRECOR.
  94. Wenn der Ältere über ihn die Lossprechung gesprochen hat, legt er ihm eine Buße auf.
  95. Danach kann er ihn ermutigen, ermahnen oder tadeln, wie es ihm angemessen erscheint, aber kurz.
  96. Wenn jemand der Beichte wegen einen der Beichtväter nach dem Zeichen für die Messe aufhält oder ihn aus der Messe herausruft, beichtet er ihm kurz im Kapitel, wobei beide stehen.

Auch dieses Kapitel bezieht sich in erster Linie auf die Sonn- und Festtage.
An Werktagen fand das Kapitel im Winter nach der Terz (EO 74,18), im Sommer nach der Prim (EO 83,8) statt.
Der Text beschreibt all das, was normalerweise morgens im Kapitelsaal stattzufinden hatte oder stattfinden konnte.

Dieser Ausdruck gibt nicht sehr ausführlich die Realität wieder, die in anderen Stellen
dieses Kapitels explizit mit versus orientem, omnes vertant se ad orientem und
inclinent se ad orientem beschrieben wird.
Die Mönche grüßen also beim Eintreten in den Kapitelsaal den Osten. Da die Fenster dieses Saales
nach Osten zeigen und das Kapitel normalerweise nach Sonnenaufgang abgehalten wird, findet die
Versammlung bei vollem Morgenlicht statt. Die Zisterzienser haben nicht wie andere Mönche vor
ihnen ein Kreuz an der östlichen Kapitelsaalwand angebracht; vielmehr grüßen sie hier symbolisch
Christus und wenden sich ihm zu wie in der Kirche.

Bei dem Buch handelt es sich um das Martyrologium und das Kalendarium.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Benediktsregel ebenfalls enthalten.

Obwohl das Martyrologium hier vor der Regel gelesen wird, geben die ältesten Zeugen
dieser Versammlung, die daraufhin den Namen „Kapitel“ erhält, eindeutig der Regel den Vorzug.
Spätere Regelsammlungen bis hin zu Benedikt von Aniane kennen allerdings die hier gebräuchliche Reihenfolge.

Der Vers PRETIOSA mit dem GLORIA und dem Gebet
SANCTA MARIA schließen sich direkt an das Martyrologium an,
während die folgenden Elemente eher Gebete zur Arbeitsweihe sind.

Die Gesetzgebung von 1202, Abschnitt VI,1 führt dazu aus:
Die Regellesung wird am Fest des hl. Benedikt begonnen: ...
Wenn es verlegt wird, wird sie an dem Tag begonnen, an dem
das Fest gefeiert wird.

Bei dieser Liste handelt es sich um die Namen der in der kommenden Woche
oder zu besonderen Gelegenheiten zu den verschiedenen Diensten eingeteilten Brüder.

Wörtlich müßte es ›bittet um Erbarmen‹ heißen.

Die persönliche Anklage vor der Gemeinschaft nach der Regellesung und
selbst die Anklage durch Mitbrüder gründet sich auf RB 66,8.

Das gesamte Vokabular des Schuldkapitels ist dem rechtlichen Bereich entnommen:
die Brüder klagen sich an, bekennen sich schuldig oder nicht,
sie werden von anderen angeklagt, was allerdings nicht auf bloße Vermutungen hin geschehen darf,
und sie werden bestraft.
Nicht zu vergessen ist die öffentliche Züchtigung mit Rutenschlägen und das Versprechen,
sich zu bessern, aber auch der alte Mönch und Vater darf nicht unerwähnt bleiben, der für
den Bruder einstehen kann. Der Verfasser der EO hatte vielleicht den verurteilten und gegeißelten
Christus (Joh 19,1) vor Augen, als er das 70. Kapitel der EO niederschreiben musste.
Die Worte aus Joh 19,30 (inclinato capite) lassen sich jedenfalls gut auf den Bruder anwenden,
der mit Ruten geschlagen wird: vielleicht ist das ein Zeichen für das hohe geistliche Niveau dieser
Disziplinarmaßnahme. Die Tatsache, dass ein älterer Bruder für den Angeklagten einstehen kann und
dass der mit der Züchtigung beauftragte Bruder dem schuldig Gewordenen beim Anziehen helfen muss,
sind ebensogut Zeichen mitbrüderlicher Hilfe und Hirtensorge.

Der zu züchtigende Mönch befindet sich in der Mitte des Kapitelsaals.

Offensichtlich sind wir nicht sonderlich gut informiert über die damaligen
Beichtgewohnheiten. Die Berichte des Exordium magnum cisterciense des
Konrad von Eberbach sowie des Dialogus miraculorum des Cäsarius von Heisterbach
erweisen sich als zu späte Textzeugen, wenn man sie mit denen der großen
zisterziensischen Epoche des 12. Jahrhunderts vergleicht.

Diese Überschrift ist in der Handschrift als Randbemerkung eingetragen.

Es wurde wörtlich übersetzt, da der Begriff prior hier im Sinn
der Benediktsregel zu verstehen ist, ohne allerdings den Prior ausschließen zu müssen.